Thorsten Michalik: Das ETF-Massengeschäft kommt erst noch

Thorsten Michalik, verantwortet das ETF-Geschäft der Deutschen Bank
Thorsten Michalik, verantwortet das ETF-Geschäft der Deutschen Bank

Der ETF-Chef der Deutschen Bank zur Entwicklung des ETF-Marktes und den Plänen der Deutschen AWM

 

Sie bauen seit 2006 das ETF-Geschäft der Deutschen Bank auf. Haben Sie erreicht, was Sie wollten? 

Wir sind sehr weit gekommen in den vergangenen neun Jahren: zweitgrößter ETF-Anbieter in Europa, eine Produktpalette von fast 300 ETFs, weltweit mehr als 50 Milliarden Euro unter Management. Doch im Grunde steht die gesamte Branche in Europa noch immer relativ weit am Anfang. Der ganz große Durchbruch, das Massengeschäft, kommt erst in einigen Jahren, wenn nämlich institutionelle Anleger noch gezielter in ETFs investieren werden. 



Sind die institutionellen Anleger nicht sowieso schon die größten ETF-Anleger?

In Europa trifft das zu, doch auf dem viel größeren US-Markt investieren noch vergleichsweise wenige Institutionelle in ETFs. Doch sie fangen jetzt damit an. Ihre Gelder werden den Markt dramatisch nach vorne bringen.


Welches Wachstumspotenzial sehen Sie für den ETF-Markt?

In fünf Jahren wird der globale Markt mindestens doppelt so groß sein wie heute – das ist eine konservative Schätzung. 2014 wuchs das weltweit in ETFs angelegte Vermögen um 17 Prozent, überwiegend aufgrund von Mittelzuflüssen und weniger aufgrund steigender Kurse. 2013 und 2012 lag das Wachstum sogar deutlich über 20 Prozent. Wenn der Markt in den nächsten Jahren nur mit einer Rate von zehn Prozent pro Jahr wächst, dann erreicht das globale ETF-Vermögen im Jahr 2019 einen Wert von fünf Billionen Dollar. Bei einem durchschnittlichen Wachstum von 20 Prozent werden 7,5 Billionen Dollar erreicht. Heute stecken gut 2,6 Billionen Dollar in ETFs. 


Was sind die wichtigsten Wachstumstreiber?

Ich sehe vor allem drei Wachstumstreiber. Erstens: Passive Investments bleiben gefragt, weil es sehr vielen aktiven Managern immer schwerer fällt, den Markt zu schlagen. Zweitens: Große institutionelle Anleger kaufen mehr ETFs, weil ETFs für die wichtigsten Märkte jetzt groß und preiswert genug sind. Drittens: ETFs ersetzen zunehmend Terminkontrakte, denn bei längerfristigen Investments sind Futures aufgrund höherer Rollkosten inzwischen oft teurer als ETFs. Außerdem gibt es bei längerfristigem Indextracking mit Futures keine gut verzinsten Alternativen, die freigewordene Liquidität anzulegen. Wer will das heute schon?


Wie sieht die ETF-Wachstumsstrategie der Deutschen Bank aus?

Zurzeit arbeiten wir intensiv am Ausbau unseres Geschäfts in den Vereinigten Staaten und in Asien. Dort gibt es für uns – und andere – noch ein enormes Wachstumspotenzial. 


Eine mutige Einschätzung: In den USA rangieren db X-trackers ETFs noch unter „ferner liefen“. 

Wir sind relativ spät im US-Markt angetreten. Wir positionieren uns deshalb dort als Spezialist. Bislang mit Erfolg: Unsere währungsgesicherten ETFs werden sehr gut angenommen, ebenso unser China-A-Aktien-ETF. Solch einen Fonds hatte vor uns niemand hinbekommen. Unsere letztes Jahr aufgelegten Strategic-Beta-Fonds sind ebenfalls schon jetzt ein absoluter Erfolg.